Zankl trifft auf Schwarz. Zwei Positionen der steirischen Nachkriegskunst
Sie kannten und schätzten einander, waren Gründungsmitglieder jener Vereinigung steirischer bildender Künstler mit dem Namen „Junge Gruppe“, die eine für Graz und die gesamte Steiermark bedeutende Kulturinstitution ins Leben rief, das Forum Stadtpark. Die Rede ist von Hannes Schwarz (1926-2014) und Gustav Zankl (*1929). Ihre Jugend war geprägt von der Ausgesetztheit gegenüber der NS-Ideologie. Was sie beide einte: sie konnten gut zeichnen. Hannes Schwarz wurde aufgrund seiner Talente ausgewählt, eine NS-Eliteschule zu besuchen. Seine Ausbildung zum Künstler endete je mit der Einberufung in den brutalen Krieg, der ihn mit dem Tod und dem Sterben konfrontierte. Gustav Zankl wiederum wurde die Aufnahme in eine Ingenieursschule verwehrt, aufgrund von Aufmüpfigkeit. Die paar Jahre der späteren Geburt gewährten es ihm, dass er sich nicht aktiv am militärischen Krieg beteiligen musste. Doch die Indoktrination, die Strafen bei deviantem Verhalten, all die psychischen Belastungen hinterließen auch bei ihm tiefe Spuren.
In den Jahren nach dem Krieg entschieden sich beide, Lehrer, Kunsterzieher zu werden. Schwarz lehrte in Weiz, Zankl nach seiner Ingenieurstätigkeit in Graz. Und sie betätigten sich künstlerisch. 1953 wurde in Weiz eine Ausstellung der „Jungen Gruppe“ organisiert, fernab von Graz, wo die Abkömmlinge der Grazer Sezession vorerst keinen Platz fanden. In Weiz schlug ihnen mit den abstrakten Kompositionen durchaus Ablehnung entgegen. Es waren die Jahre nach der NS-Herrschaft und die propagierte Kunstauffassung wirkte nach.
Nach diesen Anfangsjahren entwickelten sie ihre Kunst weiter. Hannes Schwarz wandte sich in den 1960er Jahren der menschlichen Figur zu, den Schrecken irdischer Existenz, dem Schmerz, den Ängsten, der Verletztheit und der Einsamkeit. Davon zeugen Bilder des leidenden, geschundenen Menschen im Krankenbett vor schwarzem, leerem Hintergrund. Oder aber er platziert menschliche Figuren sitzend an einem runden Tisch, in großer Distanz zueinander. Die Leiber sind übersäht mit Narben und Verletzungen. Die Serie „Figur hinter Gitter“ zeigt deformierte, blutende Körper hinter schwarzen Balken. Es ist dieses Ausgesetztsein der Menschen in der Welt, das der nachdenkliche Schwarz, der geprägt ist von philosophischen Gedanken des Existenzialismus, in seinen großformatigen Arbeiten zum Ausdruck bringt. Und er lässt uns mitfühlen, teilhaben am Schmerz.
Gustav Zankl schlug formal einen anderen Weg ein. Kunst heißt für ihn naturwissenschaftliches Forschen. Seine Farbquantenuntersuchungen manifestieren sich ab den 1960er Jahren in Kunstobjekte, die beweglich sind, so auch Arbeiten des Werkzyklus „Cluster of Information“ (2007). Es sind meist bemalte Sperrholzplatten oder -körper, deren Farbzusammenstellungen auf genauen Berechnungen beruhen. Partizipation ist dabei Zankls oberste künstlerische Prämisse. Seine Kunstobjekte sollen die Betrachtenden, wie er schreibt, zum „handelnden Umgang“, zur „Erweiterung des Gefühls- und Gedankenpotentials“ anregen.
Zankl stellte den „Cluster of Information“ im Jahr 2015 im Weizer Hannes-Schwarz-Zentrum aus. Diesen Werkzyklus kaufte das Stift im Jahr 2022 an und so ist heuer eine Gegenüberstellung der Werke und der unterschiedlichen künstlerischen Zugänge der beiden steirischen Künstler zu sehen, womit sich eine zentrale Idee in der Ausstellungsstrategie der vergangenen zwei Jahrzehnte wieder einmal zeigt: Das In-Dialog-Treten. Expressive Kunst trifft auf konkrete Kunst, beide mit dem Ziel, uns emotional zu bewegen.
Im Jahr 2024 jährt sich der Tod von Hannes Schwarz zum 10. Mal. Dies ist der Anlass für eine Veranstaltungsreihe, die sein Wirken an wichtigen Stationen seines Lebens in den Blick nimmt. Geplant sind Veranstaltungen in Weiz, Graz (Forum Stadtpark) und Admont. Das genaue Datum für eine Abenddiskussionsveranstaltung in der Ausstellung in Admont wird noch bekanntgegeben.