bios [bible], 2007/2010
Wer 2010 im Rahmen der Ausstellung PLAY ADMONT . regionale10 die Stiftsbibliothek Admont besuchte, fand dort völlig unerwartet einen massiven Industrieroboter vor. Dieser schrieb mit einer Schreibfeder handschriftlich in wenigen Monaten das Neue Testament auf eine mächtige Papierrolle nieder.
Mit Präzision führte die Maschine die kalligrafischen Linien aus, und ließ so, wie ein Mönch im klösterlichen Scriptorium, nach und nach den Text entstehen. Die massive Erscheinung des Roboters, seine Bewegungen und Geräusche wirkten auf den Betrachter, wurden individuell interpretiert und evozierten Ideen, die sowohl im Bereich des unmittelbar praktisch Umsetzbaren als auch der Utopie einer möglichen Mensch-Maschine Kultur liegen könnten.
bios [bible] ist eine Installation der 2000 gegründeten freien Künstlergruppe Robotlab (Matthias Gommel, Martina Haitz, Jan Zappe), die an das Institut für Bildmedien im ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe assoziiert ist. bios [bible] beschäftigt sich mit Fragen von Glauben und technischem Fortschritt. Die Anordnung setzt zwei für die westliche Gesellschaft grundlegende Systeme in Beziehung, die christliche Religion und den wissenschaftlichen Rationalismus. In diesem Zusammenhang spielt seit jeher das Medium Schrift eine besondere Rolle, als Heilige Schrift oder als formale Niederschrift von Wissen.
Basic input output system (bios) bezeichnet in der Computertechnologie das Bauteil, das die Vermittlung zwischen Hard- und Software koordiniert, und somit die unverzichtbare, grundlegende Software beinhaltet, mit der jeder Computer erst starten und Informationen verarbeiten kann. Es beinhaltet demnach jenes erste Programm, jene erste ursächliche Schrift, worauf jedes weitere Programm aufbaut.
Die im Zuge des Schreibprozesses in der Admonter Stiftsbibliothek entstandene Papierrolle wurde in die Sammlung des Stiftes Admont aufgenommen.