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Jubiläumsausstellung 2024 – Circäische Netze

Circäische Netze

Gedanken zur Jubiläumsausstellung 2024

Obwohl im Osten Österreichs, in der Nähe von Klosterneuburg, Melk und anderen bedeutenden Stiften aufgewachsen, ist Admont das erste Kloster, an dessen Besuch als Kind ich mich gut erinnern kann. Von Lunz am See aus, in dem meine Familie die Sommer verbrachte, ging es einmal jährlich über Göstling und Hieflau in das Gesäuse. Schon die Anfahrt in einem alten VW-Bus und auf schmalen Straßen war aufregend. Angesichts immer höherer Berge und enger werdender Schluchten konnte ich mir kaum vorstellen, dass sich dahinter ein großes Kloster befinde. Doch kaum weitete sich das Tal, stand es da, eingerahmt und eingebettet in eine imposante Landschaft. Abgesehen von der Bibliothek und den naturkundlichen Präparaten haben es mir damals die dicht gehängten eisernen Kunstwerke auf der Wand der alten Stiftsschmiede besonders angetan.

Angesichts dieser prägenden Erinnerungen ist es mir eine besondere Freude, eine Ausstellung zum Jubiläum dieses Stiftes begleiten zu dürfen. Es geht uns, das sind Michael Braunsteiner, Pater Prior Maximilian Schiefermüller sowie das Team des Stiftsarchivs als Kuratoren sowie Alexander Kada als Gestalter, in dieser Ausstellung um einen Rundgang durch die Geschichte des Stiftes im wörtlichen Sinn. Sie ist nach Themen gegliedert: die spirituelle Gemeinschaft, die sich immer wieder großen Herausforderungen stellen musste; die Wirkung des Klosters in die Region; die wissenschaftlichen Aktivitäten; die wirtschaftliche Basis und schließlich das kulturelle Wirken, beispielhaft gezeigt anhand von Werken der Bildenden Kunst und der Musik.

Wir beginnen unsere Reise durch die Zeit mit der Gründung des Stiftes und den Legenden, die sich um diese ranken. Jede Epoche hat diese neu interpretiert. Neben frei erfundenen Porträts der Gründerin Hemma von Gurk und dem Erzbischof Gebhard von Salzburg ist die wissenschaftlich untermauerte Rekonstruktion von Kopf und Gestalt des Erzbischofs zu sehen. Wir schauen Gebhard sozusagen wie einem Zeitgenossen ins Angesicht.

Admont hat im Laufe der folgenden Jahrhunderte bekanntlich alle Höhen und Tiefen eines mitteleuropäischen Klosters erlebt, vermehrt um den verheerenden Großbrand von 1865, die hier besonders schwerwiegende wirtschaftliche Krise der 1930er-Jahre sowie die Aufhebung des Klosters im Nationalsozialismus. Vieles davon wurde erst in den letzten Jahren genauer aufgearbeitet und die neuen Forschungserkenntnisse werden in der Ausstellung vermittelt.
Ebenso wichtig ist uns die Darstellung der wissenschaftlichen Neugier, die die Klostergemeinschaft seit dem Anbeginn geprägt hat und die sich in Werken der Bibliothek sowie in den naturkundlichen Sammlungen manifestiert. Exponate und Bücher spiegeln die breiten Interessen, aber auch die Passion der Forscher wider, ob es ein Pater Gabriel Strobl war, der sich den Zweiflüglern unter den Insekten gewidmet hat, Guido Schenzl, der sich mit Erdmagnetismus und Isogonen befasst hat oder der Historiker Jacob Wichner, der das umfangreiche Archiv für seine vierbändige Stiftsgeschichte durchforstete.

Dass wissenschaftliche Forschung ebenso wie spirituelle und pastorale Tätigkeit wie eine ökonomische Grundlage erfordern, davon berichtet ein weiterer Abschnitt der Ausstellung, der sich den historischen und gegenwärtigen Wirtschaftsbetrieben widmet.
Eine Wende ins Existenzielle bietet der folgende Ausstellungsraum, der sich mit dem Themenkreis von Tod, Leben und Auferstehung auseinandersetzt, wobei das kuratorische Team hier bewusst barocke Gemälde und Grafik mit zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten in Beziehung setzt, um zum einen die Kontinuität dieses existenziellen Themas, aber auch die Vielfalt seiner Deutungen zu betonen.  

Am Ende unseres Rundgangs laden wir Besucherinnen und Besucher ein, innezuhalten und vom Schauen auf das Hören umzuschwenken. Einige Musikstücke, die mit Bezug zum Stift entstanden sind, werden zu Gehör gebracht, aber auch Texte, die über das Stift geschrieben worden sind. Und mit dem Ausschnitt aus einem solchen möchte ich schließen: Im Regal H des Schrankes 93 im Oberstock der Bibliothek (ich verdanke diese Hinweise Bodo Hell) befindet sich ein Buch des Reiseschriftstellers Joseph August Schultes aus dem Jahre 1804, in dem er die Abreise von Admont schildert.
Dieser ist ihm und seinen Mitreisenden sehr schwer gefallen, weil jeweils ein anderer „Lieblingsgegenstand“ – die Landschaft, die Bibliothek, die Blumen der Umgebung, der Klang der Kirchenorgel – sie gefesselt hielt.  „Nur mit Mühe konnten wir uns losreißen von dem schönen Admont, das während unseres kurzen Aufenthaltes von fünf Tagen jeden von uns in circäische Netze (gemeint ist der Zauber der Kirke, C.R.) verstrickt hielt.“ Solche Netze zu knüpfen, wird dem Stift in seinem Jubiläumsjahr und gewiss auch in Zukunft gelingen.

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