Hannes Schwarz
Sonderausstellung im Museum für Gegenwartskunst
von 01. April bis 01. Nov. 2023 geöffnet
Für Hannes Schwarz war die kritische Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte werksbestimmend. Intensiv geprägt wurde er von der Philosophie des Existentialismus und der Frankfurter Schule. 1997 hat Schwarz dem Stift Admont 24 seiner Ölbilder und 68 seiner Grafiken zum Geschenk gemacht. Von 2002 bis 2019 waren diese Werke in der ehemaligen Winterreitschule im Erdgeschoss zu sehen.
Die heurige Neupräsentation im Museum für Gegenwartskunst bringt das künstlerische Werk von Hannes Schwarz in einen Dialog mit seinen erst jüngst entdeckten Aufzeichnungen und Notizen. Unter dem Titel „Man sieht nur, was man denkt“ wurden diese 2021 von der Tochter des Künstlers anlässlich des 95. Geburtstages des Künstlers in Form eines Buches publiziert. Reingard Schwarz dazu: „Als ich im Nachlass meines Vaters zwei Schachteln mit den Zettelchen fand, war ich überrascht. Ich wusste nichts von der Existenz der Aufzeichnungen. Dass mein Vater ein Grübler, ein Denker war und Philosophie sein Lebenselixier, das ist bekannt. Aber dass er als Maler seine Gedanken in dieser Form schriftlich ausformulierte, das mag erstaunen – seine Ausdrucksmittel waren ja in erster Linie Farbe und Form und nicht Worte.“
Das Buch enthält größtenteils Notizen aus seinem Nachlass, aphoristische Gedanken und Reflexionen über Themen, die Hannes Schwarz zeitlebens beschäftigt haben. “Diese Aufzeichnungen vermitteln ein sehr authentisches Bild von der Persönlichkeit hinter den Kunstwerken: Sie erzählen davon, was den Künstler antrieb, wie er sich selbst im Kontext der zeitgenössischen Kunst sah und welche Zweifel ihn plagten. Daneben sind sie Zeugnis seiner kritischen Weltsicht, die schon ungewöhnlich früh auf zivilisatorische Gefahren hinwies, mit denen wir uns jetzt unmittelbar konfrontiert sehen. Die in diesem Buch abgedruckte Textauswahl kann daher auch als Schlüssel zum besseren Verständnis der Bilder von Hannes Schwarz dienen…”
DIE BÜCHER
Schwarz Reingard (Hrsg.):
HANNES SCHWARZ:
MAN SIEHT NUR,
WAS MAN DENKT.
• Buch “Aufzeichnungen und Notizen”
Eigenverlag 2021
• Buch “Hannes Schwarz, Innenreise.” – Das künstlerische Werk von Hannes Schwarz im Benediktinerstift Admont
Beide Bücher sind in unserem Klosterladen erhältlich.
Hrsg. Abt Bruno Hubl und Michael Braunsteiner,
Admont 2002.
Hannes Schwarz wurde 1926 als Sohn einer Arbeiterfamilie, die ihm keine höhere Ausbildung ermöglichen konnte, in Anger bei Weiz geboren. Er wuchs unter der Erziehung seines sozialdemokratischen Vaters und seiner streng religiösen Mutter in einem kargen ländlichen Umfeld auf. Hannes Schwarz war schon früh durch außerordentliche geistige, kulturelle und sportliche Begabung aufgefallen. Um ihm eine Karriere zu ermöglichen, willigten seine Eltern im Jahre 1938 zögernd ein, ihn die NSSpitzenschule Ordensburg Sonthofen besuchen zu lassen. Diese ideologische Prägung stand ganz im Gegensatz zu der Geisteshaltung seiner Familie. Sie hat während der NS-Zeit eine jüdische Familie unterstützt. Nach der Matura 1944 wollte er Maler werden. Er bestand die Aufnahmeprüfung an der Akademie in Stuttgart, wurde aber bald an die Front kommandiert. Nach den unzähligen Schrecken des Krieges brachte das Jahr 1945 für Hannes Schwarz eine völlige geistige Neuorientierung mit sich. Er erwachte wie aus einem Albtraum. Und er beschäftigte sich mit dem Existenzialismus und der Frankfurter Schule, mit informeller und abstrakter Malerei. Seine Ausbildung zum Künstler fand im Wesentlichen auf autodidaktischen Wegen statt. Dank seines Brotberufes als Kunsterzieher konnte er ohne Verkaufsdruck konsequent einen eigenen künstlerischen Weg fern des Mainstreams und des turbulenten Kunstgeschehens gehen.
Ab 1955 gewannen Abstraktion und Informell an Bedeutung für das Werk von Schwarz. Ab 1959 entstand eine Serie von besonders innovativen Materialdrucken. Die Werke der 60er Jahre sind von surrealistisch modellierten weiblichen Figuren, expressiv deformierten Leibern hinter Gittern und ausgesetzten und hilflos leidenden Menschen geprägt. Den hoffnungslos todgeweihten, isolierten Kreaturen in den Bildern der frühen 70er Jahre folgte schließlich um 1975 eine Werksphase, in der die Darstellung des Menschen in den Hintergrund rückte.
Die Bilder von Hannes Schwarz sind von der Erfahrung des NS-Grauens geprägt. In einigen Werkphasen finden sich deutliche Erinnerungs-Relikte aus der Ära des Faschismus: etwa Fahnen, Wimpel, Mauern, Monumente, Stelen, Opferstätten. Die Kunst von Hannes Schwarz entspringt einer metaphysischen Not. Aus Ihrer oft erschreckend wirkenden Ästhetik weht der Geist tiefer Nachdenklichkeit, Skepsis, Warnung. Seine geschundenen Leiber malte Schwarz, wie Wilfried Skreiner bemerkt hat, zeitgleich mit oder teilweise sogar vor Francis Bacon. In den späteren Bildern verschwindet der Mensch. Er ist noch nicht da oder schon wieder weg. In den Landschaften voller minimalistischer Ästhetik, den Früchten als Emanationen des Geistes, wird zunehmend die starke Sehnsucht des Künstlers nach einer vorsichtigen Bejahung des Lebens spürbar.
MAN SIEHT NUR, WAS MAN DENKT
HANNES SCHWARZ (1926 ANGER B. WEIZ – 2014 WEIZ)