Walden
Seit 2003 ist im Kunsthistorischen Museum ein Raum für Künstlerische Intervention integriert. Ein Raum der Resonanzbeziehungen, des Dialogs: das Sakrale mit dem Profanen, das Vergangene mit dem Gegenwärtigen. Transformationen und Prozesse. Die bisher eingeladenen KünstlerInnen überraschten immer wieder aufs Neue – mit ihren unglaublich vielschichtigen und komplexen künstlerischen Lösungen in ihren Bezügen zum Stift Admont als Ort des Geistigen, als Ort der so vielfältigen Sammlungen; zur Bibliothek, den Archiven und des fast 950 jährigen kulturellen Gedächtnisses. 2019 wurde der Raum unter dem Titel WALDEN von Daniel Zimmermann gestaltet.
Im klösterlichen Nutzwald des Stiftes Admont wurde eine Weißtanne gefällt und zu 1.500 Holzlatten verarbeitet, aufgestapelt und per Zug, LKW und Boot in den brasilianischen Regenwald transportiert. Mit zeitvollen 360 °-Szenen porträtiert WALDEN die paradoxe Reise des Holzleistenstapels entlang globalisierter Handelsrouten bis zu seinem mysteriösen Endziel, Campinha am mittleren Rio Negro bei einer indigenen Gemeinschaft mitten im Amazonas.
Die Aktion ist ein metaphorischer Hinweis auf gesellschaftspolitische Realitäten. Die kosmopolitische Reflexion über ökologische Aspekte des internationalen Transportwesens macht die Funktionsweisen der globalisierten Ökonomie sichtbar. Der Warenhauptverkehrsstrom verläuft normalerweise von Südamerika nach Europa, von den ressourcenreichen Wäldern des Amazonas in die Länder der ‹entwickelten› Welt. Mit dem Transport der Holzleisten begeben wir uns auf denselben Weg, jedoch in umgekehrter Richtung. Die Perspektiven verschieben sich. Der eigene Denkraum wird mobilisiert.
Das Projekt Walden steht irgendwo zwischen postfaktischer Dokumentation, politisch-ökonomischer Kritik und surrealer Aktion. Während ihrer Reise befanden sich die Holzleisten einer Weißtanne in einem leisen, absurden Schwebezustand zwischen Kunstwerk und banalem Gebrauchsgegenstand.
Daniel Zimmermann
geboren in Thun in der Schweiz, Bildender Künstler, ursprünglich Holzbildhauer, arbeitet mit Film, Stereoskopiefotografie, Installation und Performance. Im In- und Ausland hat er zahlreiche Kunstprojekte in Museen, Ausstellungsräumen sowie im öffentlichen Raum realisiert. Seine Arbeit umfasst unter anderem Kurzfilme, die auch an renommierten internationalen Filmfestivals gezeigt wurden. Einer seiner Filme wurde 2008 für den besten Schweizer Kurzfilm nominiert. Mit seinen Projekten hat er diverse Stipendien und Auszeichnungen gewonnen. Seit 2005 Zusammenarbeit mit der Choreografin Amanda Piña und Gründung von nadaproductions wo er als künstlerischer Leiter, Dramaturg und Performer arbeitet.
by Daniel Zimmermann, 2019