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Heribert Friedl - Künstlerische Intervention 2022

Portrait einer meistgeliebten Person auf der Welt und darüber hinaus

Seit 2003 ist im Kunsthistorischen Museum ein Raum für Künstlerische Intervention integriert. Ein Raum der Resonanzbeziehungen, des Dialogs: das Sakrale mit dem Profanen, das Vergangene mit dem Gegenwärtigen. Transformationen und Prozesse. 2022 wurde dieser Raum von Heribert Friedl gestaltet!

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Die bisher eingeladenen Künstler*innen überraschten immer wieder aufs Neue – mit ihren unglaublich vielschichtigen und komplexen künstlerischen Lösungen in ihren Bezügen zum Stift Admont als Ort des Geistigen, als Ort der so vielfältigen Sammlungen; zur Bibliothek, den Archiven und des fast 950-jährigen kulturellen Gedächtnisses.

2022 wurde dieser Raum von Heribert Friedl gestaltet. Die Installation besteht aus säuberlich in Form eines Archives präsentierten Kleidungsstücken, welche ein ganz spezifischer geliebter Mensch getragen hat. Zunächst mag man irritiert sein, auf so etwas Banales im Kontext des Kunsthistorischen Museums zu stoßen. Was soll das?! Ein kurzer Rückblick in die künstlerische Entwicklung Friedls bietet einen Schlüssel zum Verständnis.

Duftstoffe und deren Wirkungen standen lange im Fokus von Heribert Friedls Interessen. Weite Teile seiner Arbeit bestehen aus raumbezogenen Installationen bzw. flüchtigen Architekturen, die sich mit dem Begriff „nonvisualobjects“ (ein Begriff, den er seit 1996 für seine Arbeit verwendet) auseinandersetzen. In diesen agieren Duftstoffe als Inhaltsträger. Diesen Weg hat Friedl in früheren Jahren auch im Stift Admont beschritten. 2007 hat er in der mehrjährigen Restaurierungsphase der Admonter Stiftsbibliothek eine weiße Trägerplatte am Baugerüst mit unsichtbarem Duftstoff bestrichen. Durch aktives Reiben wurde Weihrauchduft freigesetzt. Wie in vielen seiner Installationen ging es Heribert Friedl nicht um die visuelle Vorgabe.

Ein Teil der Arbeit waren auch Duftkarten mit Bezug zur barocken Stiftsbibliothek. Mit der Karte wurde auch ein Stück Original mitgenommen. Im Rahmen einer Ausstellung zum Thema „Bibliothek“ 2008 hat Heribert Friedl eine aus 100 Düften bestehende Duftbibliothek im Museum für Gegenwartskunst geschaffen – ein Archiv der Düfte, wenn man so will. 2012 hat er für die Admonter Spezialsammlung „Jenseits des Sehens – Kunst verbindet Blinde und Sehende“ ein Werk kreiert: Eine aus gelochtem Kupferrohr bestehende sichtbare Duftspirale, aus der mittels eines Blasebalgs Geruch entströmt, der sich als unsichtbare ephemere Skulptur im Raum ausbreitet.

In Heribert Friedls auf olfaktorische Wahrnehmung konzentrierten Kunst werden visuelle Momente so weit wie möglich ausgespart. So geht es auch in der aktuellen Installation nicht um die platte Wahrnehmung der Kleidung selbst. Es geht um die Person, die sie einmal getragen hat. Es geht um einen geliebten Menschen, der nach seinem Ableben physisch nicht mehr unter uns weilt. Es geht darum, was sich von diesem Menschen übriggeblieben ist. Es geht um Absenz, um Erinnerungen – ausgelöst unter anderem wiederum durch Düfte – die sich in diese Kleidungsstücke eingeschrieben haben. Es geht um das, was wir ganz individuell in Objekte, in Kunstwerke „hineinsinnen“ – jeder anders, je nachdem. Es geht um die unsichtbaren Mikropartikel, die in diese übergegangen sind. Für das menschliche Auge sind sie unsichtbar, für Forensiker aber einen Kosmos par excellence. Es geht um Liebe, um Trauerarbeit, um Loslassen, um „Vanitas“ und „Memento Mori“. Letztlich geht es um Trost, um Hoffnung, darum, dass nicht Nichts da ist, nur weil man es nicht sehen kann. Und darum, dass das Sichtbare das wirklich Wichtige, das eigentlich Wahrnehmungs-Werte oft verdeckt.

Heribert Friedl spricht auch vom Duft der Zeit, der in diesen Dingen seinen Niederschlag gefunden hat. Und vor dem Hintergrund seiner Auseinandersetzung mit dem koreanisch-deutschen Philosophen, Kulturwissenschaftler und Autor Byung-Chul Han meint er: Die Geschichte, die den Dingen durch einen langen Gebrauch zuwächst, beseelt sie zu „Herzensdingen“. Nicht nur der unmittelbare visuelle Eindruck, der vielleicht eine gewisse Zeit widerspiegelt, sondern auch das Unsichtbare an den Dingen, das man spürt, ergibt einen „Herzensdingkosmos“. Der Bezug zum Museum ist eher auf der strukturellen Seite. Das Museum als Archiv, als „Retter vor dem Verschwinden“. Natürlich lassen sich auch Bezüge zu den Paramenten herstellen.

Heribert Friedl* 1969 in Feldbach / Steiermark, lebt und arbeitet in Wien