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Admont und seine Farben: Mineralpigmente

Admont und seine Farben: Mineralpigmente

Donnerstag, 20.08.2020

Als alte Kamelle wohl keine Überraschung: die Welt um uns ist voller Farben.

Ein Blick an die Decke des Bibliotheksaales in Admont kann diese simple Erkenntnis unschwer unterstreichen. Man sieht dort tatsächlich noch die ursprünglichen und von Altomonte aufgetragenen Farbpigmente. Dass sie heute noch derart deutlich leuchten hat seinen Grund nicht nur in einer sorgfältigen Reinigung vor wenigen Jahren. Die eigentliche Ursache dieser immer noch beeindruckenden Frische liegt in der Tatsache, dass viele echte Naturfarben dabei verwendet wurden, Pigmente vor allem mineralischer und natürlich-organischer Art, die ihre Leuchtkraft über lange Zeit behalten können. Bei Anblick des Werkes von Altomonte beginnt man auch zu verstehen, dass die Kenntnis dieser Farben, besser gesagt deren Zusammensetzung und Herstellung, im Hinblick auf die Originalität ein sorgsam gehütetes Geheimnis der damaligen Künstler gewesen war, welches ohne Zögern auch ins Grab mitgenommen wurde.

Es war denn auch erst der italienische Maler Cennino Cennini der in seinem um 1400 verfassten Handbuch einen vorsichtigen Einblick in die Welt der Farbenküche preisgab. Obwohl das Werk zunächst nur durch wenige Abschriften verbreitet war, entpuppte es sich zum einflussreichen Lehrbuch über die Malerei des Spätmittelalters. Selbst heute ist es noch von Bedeutung, zumindest Kunstfälscher könnten es bei Bedarf als ausgesprochen lehrreiche Informationsquelle benutzen.

Dennoch, grundsätzlich ist der Umgang mit Farben mehr als uralt. Die Farbpigmente der Felsbilder unserer fernen Vorfahren geben uns davon eindringlich Vorstellung. Verwendet wurden in den Höhlenwelten Erdfarben wie Grünerde, Ocker oder Umbra sowie, wenn schwarzes Mangandioxyd nicht zur Verfügung stand, Holz- oder Knochenkohle. Für die Höhlenmaler hatte die Farbe Rot eines Ockers dabei möglicherweise auch einen religiösen Hintergrund. Sie schrieben ihr anscheinend lebensbejahende Eigenschaften zu, daher wurden Tierdarstellungen gerne in dieser Farbe angefertigt und Verstorbene gelegentlich in roten Ocker gebettet. Die Haftfähigkeit auf der rauen Felsoberfläche erreichten die Künstler der Steinzeit vor allem durch Kalk und Wasser als Bindemittel der Pigmente.

Auch die Anwendung von Körperfarben ist uralt und beschränkt sich nicht ausschließlich auf Kriegsbemalung und besondere Festlichkeiten. Selbst die Bibel im 2. Buch der Könige (9:30) stellt leicht irritiert fest: „… als Isebel es hörte, belegte sie ihre Augen mit Schminke“. Damit wurde jedoch lediglich einem Modetrend der Nachbarn folgend Antimon, ersatzweise auch reines Arsen aufgetragen, um die Augen zu betonen und heller erstrahlen zu lassen. Beides eigentlich bedenkliche Substanzen, die nach den Erdfarben und dem Ruß früh Einzug in das Leben farbenfroher Menschen hielten. Wir sollten jetzt nicht übereilt über deren Schädlichkeit sinnieren, in jenen Tagen mit wenig üppiger Lebenserwartung war derartiges Risiko eher das geringere Übel – und die Vorteile verlockend.

Woher kommen nun diese Mineralfarben, wenn nicht, wie Lapislazuli, aus dem fernen und damit extrem teuren Afghanistan? Sind sie in den Gesteinen als Eisenoxide oder Eisenhydroxide enthalten, dann sind diese Pigmente gerne rot. Gelbe Gesteine wie einige Ocker enthalten dagegen eher Goethit oder Tone. Wird dieser Ocker in der Folge natürlich oder auch künstlich erhitzt nimmt sein Rotanteil allmählich zu, sodass verschiedene Orangetöne zusammengestellt werden konnten. Für die dunkleren, farbigen Schatten eines Mantels zum Beispiel nahm man besonders gerne cyprische Umbra, eine Verwandte des Ockers, um sie mit der Ursprungsfarbe zu vermischen. Diese cyprische oder türkische Umbra wird im Handel immer noch zu hohen Preisen angeboten. Brauneisenerz wieder diente hingegen zur Gewinnung von beständigen braunen Farbtönen. Seltener, aber schon mit dem Namen hinweisend ist die verblüffend rote Färbung des an und für sich silbrig-anthrazitfärbigen Blutsteines. Warum der Name und warum gerade rot? Reibt man diesen Schmuckstein auf einer harten, rauen und vorzugsweise weißen Oberfläche – wie zum Beispiel einer Elektrosicherung – oder pulverisiert man gar das Mineral, erhält man ein dunkelrotes Produkt ähnlich von vertrocknendem Blut. Blutstein oder fachmännisch Hämatit ist wenig überraschend nämlich auch ein Eisenoxyd.

Zurück zum Blau des Lapislazuli: Noch heute entspricht der Wert von Fra Angelico Blau (Lapislazuli) in etwa dessen Gewicht in Gold.  Die in unseren Sagen von den Kasermandln immer wieder auftauchende Suche nach der berühmten „blauen Lasur“ sagt einiges aus über die Wichtigkeit dieser Farbe, insbesonders für die Glasindustrie von Venedig (deshalb ja auch die Bezeichnung „Venedigermandln“). Nachdem aber Afghanistan weit und das Geld heute wie damals gelegentlich knapp ist, halfen sich allerdings schon die Länder am Nil beim Farbton Blau gerne mit einem Gemisch aus Quarzsand, Kalk und Kupfersalzen, dem „Ägyptisch Blau“. Damit entfernt man sich allerdings leicht von den reinen, natürlichen Mineralfarben.

Unter den natürlichen Pigmenten sind sicherlich noch das dunkelblaue Kupferoxyd Azurit und der chemisch ähnlich zusammengesetzte grüne Malachit seit Urzeiten in der Farbpalette der Menschen zu finden.  Das seltenere, aber natürlich vorkommende Mineral Azurit bietet dabei ein besonders ansprechendes Blau mit einer gelegentlich sogar dunkelblauen Ausstrahlung. Gegenüber dem deutlichen Grün des Malachites als Kupfermineral ist das sanftere Veroneser Grün hingegen ein direktes Verwitterungsprodukt von vorwiegend basischen Gesteinskomponenten wie Augit oder Hornblende. Es ist nebenbei bemerkt nicht auf Verona allein beschränkt. Das dortige bekannte Vorkommen am Monte Baldo wurde jedoch schon von den Römern als grüner Farbstoff verwendet und damit berühmt. Weitere mineralische Grünträger, wie die Glaukonite, Fuchsitglimmer oder Seladonit sind sehr selten verfügbar. In der Höhlenmalerei kommt Grün übrigens praktisch kaum vor.

Keinesfalls zu vergessen ist nicht zuletzt auch das Zinnober. Es lässt sich in Europa zum ersten Mal im 6. Jahrhundert v. Chr. bei den Griechen nachweisen. Die Römer bauten das rote Quecksilbererz vor allem in Almaden in Spanien in großen Mengen ab. Das aus dem Mineral Zinnober oder Realgar gewonnene Pigment war bei den Römern beliebt und teuer, also schlussendlich begehrt. Umfangreiche Wandmalereien in Pompeji bezeugen dies eindrucksvoll. Nachteil dieser echten Mineralfarbe: Zinnober dunkelt besonders bei Lichteinfall allmählich und verliert somit allmählich seine besondere Strahlkraft. Der uns erst heutzutage bewusste Nachteil der zuletzt angeführten Pigmente ist deren Gesundheitsschädlichkeit, welche die Arbeit und das Leben der alten Meister und ihrer Helfer  beeinträchtigen konnte.

Neben den anfangs kurz gestreiften Manganmineralien für die wichtigen dunklen Farbtöne gibt es selbstverständlich weitere farbige Minerale, man braucht hierbei nur an Gold denken, weit weniger an das rasch dunkel anlaufende Silber, beziehungsweise an Minerale mit Spinellstruktur. Leicht zu erahnen ist bei diesen durchwegs selten vorkommenden mineralischen Farbträgern, dass infolge deren raren Vorkommens (Rubin und Saphir sind Spinelle) auf andere, etwas leichter bereitzustellende Pigmente zurückgegriffen wurde. Auch die Farben aus organischen Stoffen wie Pflanzen (zum Beispiel Safran) und Tieren (wie Purpur) hielten damit, wenig überraschend, früh Einzug in die farbige Welt unserer Vorfahren. Aber dies ist eine andere, sozusagen organische Geschichte.

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